Umgang mit Geheimnissen

Ein*e Teilnehmer*in vertraut dir etwas an, mit der Bitte, mit niemandem darüber zu sprechen. Dieses Geheimnis ist sehr belastend. Es wird im Gespräch deutlich, dass die Teilnehmer*in dringend Hilfe benötigt. Darfst du Hilfe holen und das Geheimnis preisgeben?

§34 StGB Rechtfertigender Notstand

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn die Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich betroffenen Rechtsgüter und des Grades, der ihnen drohenden Gefahren das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, um die Gefahr abzuwenden.

Daraus wird abgeleitet, dass du ein Geheimnis weitergeben darfst, um jemanden zu schützen.
Im Umgang mit der Schweigepflicht können zwei Grundsätze festgehalten werden:

  1. Für alle Informationen und Beobachtungen, die im eigenen Verantwortungsbereich bekannt werden, ist jede*r zur Verschwiegenheit verpflichtet.
  2. In seinem Verantwortungsbereich hat jede*r für das Wohlergehen oder Wohl der ihr/ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen Sorge zu tragen und ggf. Schritte einzuleiten. 

Wie verhält es sich dann mit der Schweigepflicht? Es ist möglich sich innerhalb des eigenen Verantwortungsbereiches mit Kolleginnen und Kollegen zu beraten. Viele Fälle können auch mit Hilfe einer kollegialen Beratung anonymisiert beraten werden.

Bevor etwas passiert:

 Das Versprechen an jemanden, ein Geheimnis nicht weiterzugeben kann dich daran hindern Hilfe zu holen oder nicht schnell genug Hilfe zu holen. Wenn jemand mit der Bitte an dich herantritt, etwas für Dich zu behalten, dann antworte offen und ehrlich:

  • Bei Geheimnissen, die das seelische und körperliche Wohl beeinträchtigen, kannst du dieses Geheimnis nicht für dich behalten.
  • Sage, dass du mit Menschen darüber sprichst, die Hilfe bieten können.
  • Du kannst versprechen, den*die Teilnehmende*n mit einzubeziehen und ihm*ihr alles erzählen, was du unternimmst.

Du nimmst damit in Kauf, dass sich Hilfesuchende abwenden.

Du verhinderst damit einen Vertrauensbruch, wenn du das Geheimnis trotzdem weitergeben musst. Das Vertrauensverhältnis zu Hilfesuchenden ist sehr wichtig, um richtige und kompetente Hilfe zu ermöglichen.

Wenn etwas passiert ist:

  • Wäge ab, ob das Weitergeben des Geheimnisses für den*die Teilnehmer*in eine Hilfe ist.
  • Was ist der größere Schaden?
    • der Vertrauensbruch, wenn du das Geheimnis weitergibst? oder
    • die belastende Situation, in der die Person lebt, bzw. die Gefahr für die Person.
  • Gegebenenfalls kannst du deinem Team auch anonymisiert von dem Geheimnis berichten.
  • Überlege dir wer dich unterstützen kann und wem du das Geheimnis anvertrauen kannst. Dies kann
    • deine Zeltlagerleitung sein,
    • der Vorstand oder
    • eine Beratungsstelle
  • Behandle den Fall in einer Kollegialen Beratung anonymisiert

Weiterer Hinweise findest du unter dem Punkt: „Das Kind im Familiensystem“